Post-Peak-Attention in texanischen CafĂ©s đ€
Dieser Newsletter spielt zwischen den Weiten der texanischen WĂŒste und deines Twitter-Feeds. Also so mehr oder weniger.
Howdy,
Johannes
P.S.: Es muss ja nicht immer die Riesenkonferenz sein. Hier eine Liste an alternativen, kleinen Formaten.
"News Deserts" werden in Amerika Landstriche genannt, die vollkommen ohne lokalen Journalismus auskommen mĂŒssen. Laut einem Projekt der Hussman School of Journalism and Media hat das Land seit 2004 knapp 1.800 lokale Zeitungen verloren. Die GrĂŒnde? Schwindende Leser und ein nicht mehr funktionierendes GeschĂ€ftsmodell dank digitaler Konkurrenz. Und auch hierzulande stehen lokale Medien unter zunehmenden Druck.
In der tatsĂ€chlichen WĂŒste Texas entsteht aber gerade vielleicht ein alternatives Modell. Der Big Bend Sentinel finanziert sich nicht mehr nur durch Anzeigen und Abonnenten, sondern auch durch Kaffee, Drinks und Hochzeitenâausgeschenkt und ausgerichtet im hauseigenen CafĂ©: The Sentinel.
Die New York Times hat ein schönes Portrait ĂŒber die Zeitung und ihre neuen New Yorker Besitzer geschrieben.
The Sentinel dient der Zeitung letztendlich nicht nur als BĂŒro und CafĂ©, sondern auch der Stadtgemeinschaft als Fokuspunkt fĂŒr Diskussionen, VortrĂ€ge und Konzerte. The Sentinel ist damit das, was eine gute lokale Zeitung sein sollte: Infrastruktur. Sowohl medial, als auch physisch. Und als Konsequenz gewinnt die Zeitung nicht nur eine Leserschaft, sondern eine tatsĂ€chliche Gemeinschaft um sich.
+ Ich hatte vor fast einem Jahr schon ĂŒber CafĂ©s und Pop-up Stores von und fĂŒr Medien geschrieben und wie Content und Commerce kollidieren.
Post-Peak-ContentâEine Thematik, die ich gerade wieder stark in meiner eigenen Timeline beobachten kann, ist die Ăberflutung mit Inhalten. Sowohl Andreas Spiegler (BrandEins), als auch Marcel Wichmann und Christopher Rauscher (Zeit) haben Artikel geschrieben, die in eine Ă€hnliche Richtung gehen.
Ich folge auf Instagram und Twitter nur Menschen, die mich interessieren â aber es ist alles zu schnell und zu einfach. Digitale Inhalte verschwimmen und zerlaufen und sind zu sehr angereichert mit Irrelevantem. Das Dilemma ist, dass man nur durch QuantitĂ€t an der OberflĂ€che bleibt, und da ist ĂberflĂŒssigkeit folglich vorprogrammiert.
Wie kann ich dem GerÀuschpegel der Streams entkommen?
Es ist eine Frage, die schon öfter gestellt wurde. Bereits vor knapp vier Jahren gab es eine Reihe von Artikeln, die sich um den "Peak Content" drehten oder den Zeitpunkt an dem die Menge der angebotenen Inhalte die verfĂŒgbare Aufmerksamkeit ĂŒberschreiten.
To sum this up, the ecosystem weâre in right now is at highest editorial capacity for content, coupled with a shifting revenue stream away from publishers and to networks and large tech companies. Thereâs no hack that I or many smart people can see. Thatâs why weâve reached âPeak Content.â It means that weâre at the top of the bell curve, probably exposed to more information and content than ever before.
Und sie lagen nicht falsch. Knapp drei Jahre spĂ€ter hat das Marktforschungsinstitut Midia einen Report ĂŒber die MedienrealitĂ€t nach dem Peak-Content veröffentlicht und kommt zu einigen interessanten, aber auch erwartbaren SchlĂŒssen (Zusammenfassung / Ganze Studie):
Die Nutzung von Audio-Diensten und mobilen Gaming-Apps nimmt langsam aber stetig ab.
Konsumenten sortieren inzwischen Medien und Apps aus und konsumieren gezielter. Sie sind auĂerdem weniger bereit neue Dienste auszuprobieren. (Siehe auch Digital Minimalism)
Wenn mein Produkt abhÀngig von der Aufmerksamkeit von Konsumenten ist, konkurriere ich automatisch mit jedem anderen Unternehmen mit dem gleichen Ziel. (Als Zeitung bedeutet das nicht mehr nur andere Zeitungen, sondern auch Netflix, Spotify & Co.)
Exklusive Inhalte aus Eigenproduktion sind die Geheimwaffe von Plattformen und Medien geworden und Strategien richten sich entsprechend aus.
+ Eine andere Konsequenz ist die Strategie einiger MedienhĂ€user inzwischen weniger, dafĂŒr bessere Artikel zu veröffentlichen, da so das ganze Angebot tatsĂ€chlich interessanter fĂŒr Leser wird. Weniger Inhalte fĂŒhren hier zu lĂ€ngeren Lesezeiten und mehr Abonnenten.
+ Wie viel Aufmerksamkeit Facebook einfĂ€ngt, zeigt auch eine aktuelle Studie einiger amerikanischer Ăkonomen. Menschen, die Facebook fĂŒr einen Monat mieden, gewannen pro Tag 60 Minuten Zeit zurĂŒck, lasen dafĂŒr aber 15% weniger Nachrichten. (Ganze Studie)
MerkwĂŒrdiges & Anderes
FraidycatâKeine echte Lösung des "Feed"-Problems, aber ein spannender Ansatz. Fraidycat hilft euch ĂŒber Plattformen hinweg Menschen zu folgen und auf dem Laufenden zu bleiben. Ganz nettes Konzept.
HQ TriviaâIn Bloombergs Post-Mortem der Smartphone Live-Gewinnshow-App HQ Trivia versteckt sich ein kleines, aber interessantes Detail:
And a group of former employees is currently shopping a documentary-style video series to a number of well-known streaming services, according to people familiar with the discussions.
Wenn mein hochgelobtes Startup schon mit Wumms gegen die Wand fĂ€hrt, kann ich wenigstens noch eine Doku draus machen. (Ich nenne es einmal die Fyre-Festival-Contentstrategie đ€·đ»ââïž)
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