Okay, reden wir über das Metaverse 👁
Nachdem Mark Zuckerberg ein paar Sätze über die Zukunft™️ von Facebook hat fallen lassen, will ich versuchen, diese Visionen einmal einzuordnen. Entsprechend ist dieser Newsletter etwas monothematischer geworden.
Und damit willkommen zurück zu Zine, dem Newsletter über Marketingvisionen, Tech, Design, Klima und Merkwürdiges.
Rockt die Woche,
Johannes ✌🏻
P.S.: All-you-can-watch Hundevideos
In einem Interview mit The Verge hat Mark Zuckerberg angekündigt, sein Ziel wäre es durch Facebook das “Metaverse” (Metaversum?) bauen zu wollen. Und weil diese Aussage nicht nur die Zukunft des Internets betrifft, sondern auch ein gutes Beispiel für das Vorgehen von Silicon-Valley-Unternehmen ist, dachte ich, es ist der richtige Moment, all das einmal genauer zu betrachten.
Okay, fangen wir von vorne an.
Was ist das Metaverse?
Der Begriff stammt aus dem 1992 von Neal Stephensons geschrieben Sci-Fi-Roman “Snow Crash”. Es ist die Idee eines Internets, das sich wie eine Decke aus AR/VR über die Realität legt. Das Internet nicht als abstrakter, sondern als vollkommen simulierter Raum, durch den ich mich als Avatar bewege. Oder wie Zuckerberg es beschreibt:
But you can think about the metaverse as an embodied internet, where instead of just viewing content — you are in it. And you feel present with other people as if you were in other places, having different experiences that you couldn’t necessarily do on a 2D app or webpage, like dancing, for example, or different types of fitness.
Die Idee ist spannend, aber derzeit ist das “Metaverse” vor allem eine Worthülse und gerade sehen wir einen Kampf darum, diese mit Bedeutung zu füllen. Nehmen wir beispielsweise den Investor Matthew Ball, der zu dem Thema einen langen und teilweise etwas schwurbeligen Text samt 9-teiliger Fortsetzung geschrieben hat.
Zentral für seine Idee des "Metaverse" sind Blockchain-Systeme. Sozusagen die Matrix, aber mit Ethereum und NFTs als kommerzielle Infrastruktur. (Zuckerberg sieht natürlich Facebook als zentrale Infrastruktur dieser Welt.)
Ein Unternehmen, das auch immer wieder in der Diskussion genannt wird, ist Roblox. Ein Computerspiel als Plattform, das es seinen Nutzer:innen erlaubt, selbst eigene Spiele zu bauen (oder eben Konzerte zu organisieren).
Roblox nutzt den Begriff des “Metaverse” sehr offensiv als Marketing für potentielle Investoren. Mit Erfolg, denn das Unternehmen ist mit einem Börsenwert von 45 Milliarden USD — zumindest auf dem Papier — fast so groß wie Ford.
Und ich denke das ist es, was hinter Zuckerbergs Aussagen steckt: Er sieht den Erfolg von Roblox und will ihn kopieren, wie schon bei Snapchat, Clubhouse, Youtube, etc., etc.
Das Metaverse als Marketingvision
Die Idee des Metaverse ist derzeit also vor allem Marketing, um Investitionen einzusammeln. Es ist das Standardvorgehen des Silicon Valleys.
Skizziere einen großen Zukunftstrend, der angeblich unvermeidbar ist.
Sammle mit diesem Argument Geld und Talent ein.
Baue diese von dir skizzierte Zukunft und habe eine Monopol-Stellung in ihr.
Es ist durchaus möglich, dass das Metaverse tatsächlich die nächste Version des Internets ist, aber dazu fehlt es noch gewaltig an Technologie. Und es wäre mir dann doch lieber, wenn diese nicht von Facebook gebaut wird.
+ Die Journalistinnen Sheera Frenkel und Cecilia Kang beleuchten in ihrem Buch “An ugly Truth” die vielen strukturellen und organisatorischen Probleme Facebooks gerade im Kontext moderner Propagandakampagnen.
+ Weder Zuckerberg, noch Ball, noch Roblox sind die ersten, die die Idee des Metaverse für sich entdecken. Die Liste der Startups ist im Gegenteil lang.
+ Ein Überblick über die technischen Probleme, die VR-Brillen derzeit noch immer haben. (Wie gut werden eigentlich AR/VR-Brillen bei 30+ Grad funktionieren? Hallo, Klimawandel...)

Merkwürdiges & Anderes
Climate Delay — Du wolltest schon immer einmal die Rhetorik hinter der Verzögerung von Klimamaßnahmen verstehen? Céline Keller hat eine Studie zu dem Thema in ein handliches Comic gepackt. Ein super Projekt!
Algo-Volksweisheiten — Jugendliche entwickeln Methoden, um Tiktoks oder Instagrams Algorithmen für sich zu manipulieren, indem sie sie durch das gezielte Blocken oder Liken von Inhalten “trainieren” oder sogar “bestrafen”. Data & Society bezeichnet dieses Vorgehen als “Algorithmic Folk Knowledge”. Spannend!
+ The Verge veröffentlicht diese Woche eine Serie über die Tech- und Internet-Nutzung von Teenagern — aus ihrer eigenen Perspektive
+ Das WSJ hat eine gute Erklärung des TikTok-Algorithmus veröffentlicht
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