Nicht alles was glänzt, ist revolutionär 🤷🏻♂️
Ehrlicherweise hatte ich gehofft, dass NFTs einfach schnell wieder in der Versenkung verschwinden. Aber hier sind wir also. Einmal tief durchatmen.
Und damit willkommen zurück zu Zine, dem Newsletter gegen NFTs, aber für experimentelle Videoformate, Merkwürdiges und anderes.
Rockt die Woche,
Johannes
P.S.: Hang in there!
NFTs, so hot right now — Alle paar Jahre treibt im Fahrwasser von Bitcoins Preissprüngen ein neuer Blockchain-Hype. Dieses Jahr sind es (wieder) NFTs.
Kurz: NFTs (Non-fungible Tokens) sind Elemente auf einer Blockchain (meist Ethereum), die zusätzliche Informationen in Textform speichern können. Dadurch dass jeder NFT in diesem System einzigartig ist, können sie an andere Nutzer:innen über die jeweilige Kryptowährung verkauft werden. Soweit, so gut.
Jetzt hat die Kunstwelt NFTs entdeckt und handelt auf einmal mit Bilddateien und Tweets für teilweise atemberaubende Summen. Unter anderem hat Jack Dorsey seinen ersten Tweet für umgerechnet 2,5 Millionen USD verkauft. Jupp. 2,5 Millionen für einen Tweet. Den hier:
Und damit beginnen schon die Probleme. Denn, wer einen NFT kauft, kauft nicht das Objekt, sondern eben nur den NFT, der auf dieses verweist. Ich kaufe keine Kunst, ich kaufe ein Zertifikat, das mir bescheinigt, dass ich jetzt der Besitzer des "Originals" bin. Ein Original, das natürlich nicht einmal existiert, denn jede Kopie eines digitalen Bildes ist vollkommen identisch. Und wird die Datei, auf die der NFT verweist, gelöscht... Pech gehabt.
In den meisten Fällen kommt mit dem gekauften NFT kein Rechtsanspruch auf dessen "Inhalt" oder überhaupt eine Form von "Original". Oder wie es die Anwaltskanzlei Frankfurt Kurnit Klein & Selz so schön formuliert:
Absent terms stating otherwise, ownership of an NFT does not entitle you to ownership of the digital asset, the underlying artwork, or any other object. As discussed below, ownership of an NFT also does not, by default, grant you any rights to the intellectual property of the underlying asset.
(Coinbase hat einen Überblick über all die anderen rechtlichen Probleme von NFTs)
Und wer kontrolliert eigentlich, ob die NFTs, die ich verkaufe, tatsächlich auf meiner eigenen Kunst basieren? Die Antwort ist: niemand. Ich könnte auch einen NFT von Jack Dorseys Tweets verkaufen. Oder von Gifs von Giphy, oder Bilder von Simon Stålenhag, oder Gemälde vom Rijksmuseum in Amsterdam, etc.
Und damit haben wir noch nicht mal über die absurd hohen Energiekosten von NFTs gesprochen. Jede einzelne Transaktion (erstellen eines NFTs, bieten auf einen NFT, annehmen/ablehnen des Gebots) wird auf der Blockchain vermerkt und zieht extrem energieaufwendige Prozesse nach sich. Um genauer zu sein: pro Transaktion 60 kWh Strom bei einem CO2 Ausstoß von etwa 28 kg.
Ich werde hier niemandem sagen, was er mit seinem Geld anstellen darf oder nicht, aber es ist 2021 nicht 2005. Technologien hypen und dabei ihre Externalitäten ignorieren, ist wirklich nicht mehr drin.
+ Es gibt durchaus auch umweltfreundlich(ere) NFT Angebote. Die rechtlichen Probleme bleiben hier aber bestehen.
+ Everest Pipkin hat all diese Themen auch nochmal ausführlicher behandelt.
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