Hype Cycles & WhatsApp Fake News
Bevor es gleich um Hype Cycles und WhatsApp gehen wird, ein kleiner Hinweis: Der Social Media Watchblog ist zurück und sucht nach Unterstützern! Wer ein paar Euro für die beste Zusammenfassung von Nachrichten rund um Facebook, Twitter und Co. übrig hat, der ist dort genau richtig!
Rock die Woche!
Johannes
P.S.: Nein, Smartphones sind nicht der Ursprung allen Übels für Jugendliche 🙄 (Aber mit der These kann man eine Menge Bücher verkaufen...)
Gartner hat seine Trendaufstellung für 2018 veröffentlicht. Hier sind ein paar Hinweise, die ich empfehle zu beachten, wenn man die Prognose interpretiert. Denn diese Grafik wird uns garantiert die nächsten 12 Monate in Vorträgen und Artikeln verfolgen.
Der Hype Cycle ist eine subjektive Aufstellung der Gartner Berater, kein empirisches Modell. Damit ist er zwar durchaus auch aussagekräftig, aber bildet nicht die tatsächliche Realität ab, sondern wie Gartner sie sieht.
Der Hype Cycle als Modell wurde empirisch nie belegt. Es handelt sich dabei tatsächlich vielmehr um die Kombination zweier Modelle: dem des Hype-Berges und der klassischen S-Kurve der Technologieadoption.
Technologien halten sich nicht an das durch Gartner propagierte Modell. Sie sterben, überspringen Phasen oder verschwinden für ein paar Jahre, um plötzlich wieder aufzutauchen. (Siehe VR und AI in den 90ern)
Gartner übersieht Technologien. Wie beispielsweise das Aufkommen von Open Source oder Deep Learning.
Der Hype Cycle ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. VC-Firmen, Unternehmen und Investoren richten sich nach Gartners Vorhersagen, was die Weiterentwicklung und Adoption der jeweiligen Technologien befeuert.
Ich finde Michael Mullany beschreibt es sehr treffend, wenn er von Gartners Modell als narrative Struktur spricht, die im Grunde einer Heldenreise für Technologien entspricht. Sein ganzer Artikel zu Gartners Modell ist lesenswert.
Eine wissenschaftlichere Kritik des Modells findet sich auch im Papier “Scrutinizing Gartner's hype cycle approach” (2010) von Martin Steinert und Larry John Leifer.
Die traurige Wahrheit ist, dass wir unglaublich schlecht darin sind, die Zukunft von Technologien vorauszusagen und alle Modelle letztendlich nur etwas treffsicheres Raten sind.
Ganz allgemein sollten Artikel und Studien über Hypes und Trends immer mit Vorsicht genossen werden, wenn sie nicht auch die Gründe für diese untersuchen. Ansonsten sind sie zu 99,9% (Content) Marketing.
In westlichen Industrienationen existieren “Fake News” in dem Internet, wie wir es verstehen. In Entwicklungs- und Schwellenländern unterscheidet sich die Nutzung des Internets (hauptsächlich über Smartphones) und damit auch die Kanäle, in denen Hoaxes und “Fake News” auftauchen und sich verbreiten. In diesem Fall ist es vor allem WhatsApp.
+ So führten virale Kettennachrichten in Brasilien bereits zu Lynch-Mobs und in Kenia könnte über den Messenger zirkulierte Propaganda die letzten Wahlen beeinflusst haben. Auch in Indien nutzten die Anhänger Narendra Modis‘ BJP Partei unter Anderem WhatsApp um gefälschte Botschaften über den Kandidaten zu verbreiten.
The BJP’s IT army numbering over 6,000 ‘volunteers’ operated over 10,000 groups to push “professionally designed” content to lure voters at the block level. (Quelle)
Das Problem: Im Gegensatz zu offenen Netzwerken, wie Twitter oder Facebookm ist WhatsApp als geschlossenes und sicheres Netzwerk konzipiert. Die End-zu-End-Verschlüsselung macht es (richtigerweise) unmöglich Nachrichten abzufangen und zu lesen. Dies erschwert jedoch auch das Auffinden dieser “Fake News”.
+ In Malaysia und Indien werden bereits Schritte unternommen, die Administratoren von WhatsApp-Gruppen für Fake News in diesen Gruppen zur Verantwortung zu ziehen. In Indien sogar mit Gefängnisstrafen.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie Facebook auf diese Entwicklungen reagieren wird. Es ist unwahrscheinlich, dass das Unternehmen die Verschlüsselung des Messengers ändern wird, aber denkbar wäre eine Option, die es ermöglicht, Inhalte einem Faktenchecker zu melden.
Für Nachrichtenunternehmen in diesen Ländern sollte dies jedoch ein Argument sein, stärker auf WhatsApp präsent zu sein und als Faktenchecker den Nutzern zur Seite zu stehen.
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